Neues Verkehrspräventionsprogramm für junge Erwachsene
Junge Menschen sind die am stärksten gefährdete Verkehrsteilnehmergruppe. Deshalb richtet die hessische Polizei hierauf einen Schwerpunkt. Für die Zielgruppe der jungen Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer wurde im Jahr 2022 ein bewährtes Präventionsprogramm der Polizei Nordrhein-Westfalen unter dem Namen „CrashKurs Hessen“ auch in Hessen eingeführt. Mit dem Programm wird das Ziel verfolgt, die Zahl schwerer Verkehrsunfälle mit jungen Menschen in Hessen nachhaltig zu verringern. Das Verkehrspräventionsprogramm richtet sich speziell an Jugendliche und junge Erwachsene der Oberstufe sowie an Berufsschülerinnen und Berufsschüler. Für die Umsetzung des Programms arbeiten interessierte Schulen eng mit der Polizei zusammen. Bei den Veranstaltungen, die von den Schulen besonders vor- und nachbereitet werden, werden Schülerinnen und Schüler hinsichtlich der Unfallrisiken durch Alkohol, Drogen, Ablenkung und Geschwindigkeit informiert und sensibilisiert. Im Zuge der Veranstaltungen berichten u. a. auch Angehörige der sogenannte „Rettungskette“ von Polizei, Rettungskräften, Feuerwehr und Notfallseelsorgern, wie sie persönlich tragische Verkehrsunfälle mit Todesfolge oder schwersten Verletzungen wahrgenommen und erlebt haben.
Leider verunglückten im Jahr 2023 vier Kinder im Straßenverkehr tödlich (2022: 2; 2021: 3; 2020: 0; 2019: 3). Bei den Senioren ab 65 Jahre verstarben im Straßenverkehr 2023 insgesamt 66 Menschen (2022: 64; 2021: 53; 2020: 55; 2019: 62).
Unfallentwicklung unter Alkoholeinfluss und berauschenden Mittel
Die Anzahl der Unfälle, bei denen als Unfallursache Fahren unter Alkoholeinfluss und Fahren unter Einfluss berauschender Mittel registriert wurde, hat im vergangenen Jahr leicht um 104 Fälle auf 3.498 abgenommen, darunter 2.143 Unfälle mit Sachschaden (2022: 2.206) und 1.355 Unfälle mit Personenschaden (1.396).
Die Gesamtzahle der Unfälle, die sich unter Alkohol- und Drogeneinfluss ereignen, bewegt sich seit Jahren auf einem annähernd gleichen Niveau. Allerdings wurden im Jahr 2023 4.085 (2022: 4.241) sogenannte „folgenlose“ Alkohol- und 5.398 (2022:4.944) drogenbeeinflusste Fahrten bei Kontrollen durch die Polizei festgestellt. Folgenlos bedeutet in diesen Fällen, dass es nur dem Zufall überlassen war, dass es zu keinem schädigenden Ereignis wie einem Verkehrsunfall kam.
Auswirkungen der Cannabis-Teillegalisierung auf die Verkehrssicherheit
Seit der Teillegalisierung von Cannabis finden verstärkt Kontrollmaßnahmen statt. Dabei ist zu erwarten, dass die Fahrten unter dem Einfluss von Tetrahydrocannabinol (THC), dem Hauptwirkstoff der Cannabispflanze, zunehmen. Es sind dann insbesondere negative Auswirkungen auf das Verkehrsunfallgeschehen zu erwarten.
Die Entkriminalisierung von Cannabis bedeutet weiterhin nicht, dass damit die Teilnahme am Straßenverkehr unter dem Einfluss von THC unproblematisch wird. Die aktuellen rechtlichen Konsequenzen haben weiterhin Bestand. Cannabis stellt, ebenso wie Alkohol, ein Rauschmittel dar, welches die Sinne trübt und die Reaktionsfähigkeit beeinflusst. Für das Führen von Fahrzeugen ist durch die Grenzwertkommission und Rechtsprechung aktuell ein Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum festgelegt. Wird dieser Wert überschritten und im Körper nachgewiesen (mehrere Tage nach Genuss möglich, der Abbauprozess im Körper ist hochindividuell und unvorhersehbar), drohen – selbst wenn die Fahrt nur als Ordnungswidrigkeit eingestuft wird – eine Geldbuße, ein Punkteeintrag sowie die Verhängung eines Fahrverbotes. Im Falle eines Verkehrsunfalls ist zudem eine zivilrechtliche Regressnahme zu erwarten. Die Polizei Hessen überwacht die Einhaltung des gültigen Grenzwertes von 1,0 ng/ml THC im Blutserum und verfolgt Verstöße konsequent.
Sollten sich nach dem Konsum von Cannabis und einer anschließenden Teilnahme am Straßenverkehr Auffälligkeiten bei den Fahreigenschaften oder Ausfallerscheinungen bei der Person ergeben, wird eine solche Fahrt als Straftat gewertet. Das gilt nicht nur für Autofahrten, sondern für alle Fahrzeuge, beispielsweise auch Fahrräder und E-Scooter. In der Konsequenz kann die Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen werden. Die Wiedererteilung kann in solchen Fällen erst nach einer Sperrfrist und bestandener Medizinisch-Psychologischer Untersuchung erfolgen.
Innenminister Roman Poseck: „Der Bundesgesetzgeber hat der Praxis mit dem neuen Cannabisgesetz schwerwiegende Probleme bereitet. Das Gesetz ist überstürzt in Kraft gesetzt worden, nämlich ohne jegliche Übergangs- und Vorbereitungsfristen bereits zum 1. April. Ich halte es zum Beispiel für ein großes Versäumnis, dass die Teillegalisierung bereits seit 1. April gilt, die Frage eines neuen Grenzwertes für den Straßenverkehr aber erst anschließend in Angriff genommen wurde. Im Interesse der Verkehrssicherheit wäre es dringend geboten gewesen, diese Frage im Vorfeld zu klären.“
Motorrad- und Radunfälle
Bei den Zweirädern über 125 Kubikzentimeter (ccm) ist die Zahl der Unfälle im Vergleich zum Vorjahr bei annähernd gleichgeblieben (2022: 1.864; 2023: 1.876). In Hessen waren dabei am 1. Januar 2023 11.536 mehr Krafträder zugelassen als zu Beginn des Jahres 2022 (Quelle: KBA). Die Zahl der Verunglückten ist leicht auf 1.353 Verunglückte zurückgegangen (- 14 Personen). Während die Zahl der Leichtverletzten (+ 33) angestiegen ist, konnte bei den Schwerverletzten (- 41 Personen) und Getöteten (- 6 Personen) ein Rückgang verzeichnet werden.
Bei Fahrradfahrerinnen und Fahrradfahrern war die Anzahl der Unfälle letztes Jahr rückläufig (2023: 4.491; 2022: 4.568; 2021: 4.141; 2020: 4.625; 2019: 4.652). Die Zahl der Schwerverletzten ist um neun Prozent auf 497 zurückgegangen (2022: 546; 2021: 502; 2020: 662; 2019: 671). 15 Fahrradfahrerinnen und -fahrer sind im vergangenen Jahr ums Leben gekommen (2022: 13; 2021: 14 getötete Radfahrer).
Unfallursachen: Mangelnder Abstand weiterhin auf Platz 1
Wie im Jahr 2022 ist mangelnder Sicherheitsabstand mit 22 Prozent (2022: 19 %) im Jahr 2023 als häufigste Unfallursache (2023: 3.879), gefolgt von Vorfahrt/Vorrang (2023: 3.383 Unfälle) mit 20 Prozent (2022: 17 %) und zu hoher und/oder nicht angepasster Geschwindigkeit (2023: 3.173) mit 18 Prozent (2022: 15 %) registriert worden. Bei 1.205 Unfällen beziehungsweise sieben Prozent aller Verkehrsunfälle, bei denen Personen zu Schaden kamen, wurde Alkoholeinfluss als Ursache registriert (2022: 7 %). Insgesamt zeigen sich bei den Ursachen bei Verkehrsunfällen im Vergleich zum Vorjahr nur marginale Veränderungen.