In der kommenden Woche beginnt für 787.000 Kinder und Jugendliche wieder der Schulalltag in Hessen. „Wir freuen uns, dass es nun wieder losgeht und blicken guten Mutes auf das, was vor uns liegt“, erklärte Kultusminister Prof. Dr. R. Alexander Lorz heute in Wiesbaden anlässlich der Pressekonferenz zum Schulstart.
Nachdem im vergangenen Schuljahr das Versprechen für mehr Normalität an den Schulen umgesetzt worden sei und flächendeckende Schulschließungen mittlerweile erfreulicherweise der Vergangenheit angehörten, könne nun auf Grundlage dieser Stabilität weiter aufgebaut werden.
Das neue Schuljahr startet im Präsenzunterricht. Allen Schülerinnen und Schülern waren vor Ferienbeginn fünf Selbsttests angeboten worden, um sich vor dem ersten Schultag testen zu können. Zusätzlich erhalten sie ebenso wie das an Schule tätige Personal in den ersten beiden Schulwochen je drei Selbsttests pro Woche für eine freiwillige Testung zuhause. Eine Maskenpflicht besteht nicht, das freiwillige Tragen ist aber selbstverständlich jederzeit möglich. Zur Verbesserung der Hygiene in den Schulen - darunter die Ausstattung der Klassenräume mit mehr als 9.000 mobilen Luftfilteranlagen – wurden bis jetzt alleine aus dem landeseigenen Förderprogramm rund 100 Millionen Euro Fördermittel von den für die Ausstattung der Schulen zuständigen Kommunen investiert. Hinzu kommen weitere Investitionen aus Förderprogrammen des Bundes. Auswirkungen des noch nicht beschlossenen neuen Bundesinfektionsschutzgesetzes auf den Unterricht sind derzeit noch nicht absehbar. „Die Lage in den Schulen zu Beginn des neuen Schuljahrs unterscheidet sich fundamental von den vergangenen beiden Schuljahren. Die Vorbereitungen auf alle erdenklichen Szenarien sind aufgrund der Erfahrungen und der Arbeit in den zurückliegenden zweieinhalb Jahren getroffen. Mit umfangreichen Test- und Impfangeboten können sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte nach ihren individuellen Bedürfnissen schützen. Zudem wurde viel Geld in die dauerhafte Verbesserung der digitalen Infrastruktur und der Hygiene investiert“, sagte der Kultusminister.
Gesamtschülerzahl steigt, mehr Einschulungen, mehr Lehrerstellen
Im neuen Schuljahr steigt insbesondere wegen der aktuellen Zuwanderung aus der Ukraine und der nun eingeschulten Kinder der 2015 und 2016 zugewanderten Flüchtlingsfamilien die Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler um 25.500 auf 787.000. Die Anzahl der Erstklässlerinnen und Erstklässler wächst um 1.700 auf 59.000. Hessens Schülerinnen und Schüler werden an insgesamt 1.808 öffentlichen Schulen unterrichtet, die Zahl der Lehrerstellen steigt mit 55.680 auf ein Allzeithoch. Das entspricht einem Plus von mehr als 5.000 Stellen im Vergleich zum Amtsantritt der aktuellen Regierungskoalition im Jahr 2014. Größte Investitionsschwerpunkte sind der Ausbau der Ganztagsangebote, die Deutschförderung und die Integration ausländischer Schülerinnen und Schüler. Im Schnitt liegt die Lehrerstellenzuweisung bei 134 Prozent und damit um mehr als ein Drittel über der für die Abdeckung des Stundenplans erforderlichen Grundunterrichtsversorgung.
Die seit dem Jahr 2017 ergriffenen Maßnahmen zur Lehrkräftegewinnung wie die Ausweitung der Studienplatzkapazitäten (im Bereich Grundschule um 50 Prozent) wirken und sorgen landesweit trotz des Ausbaus bildungspolitischer Schwerpunkte und zusätzlicher Bedarfe aufgrund der Ukraine-Krise und des Förderprogramms Löwenstark für eine weiterhin gute Lehrkräfteversorgung. Darüber hinaus tragen insbesondere die Programme zur Weiterqualifikation von Lehrkräften für den Einsatz in anderen Lehrämtern, verschiedene Quereinstiegsprogramme und die hohe Bereitschaft zur Unterstützung im Ruhestand, zur Verlängerung der Dienstzeit, zur Aufstockung in Teilzeit oder Arbeit in Elternzeit im neuen Schuljahr zur Deckung des Lehrkräftebedarfs bei.
Geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine als Integrationsaufgabe
Als kurzfristige Herausforderung ist im Frühjahr die Integration der geflüchteten ukrainischen Schülerinnen und Schüler hinzugekommen. Bisher sind es mehr als 13.000. Noch nie – auch nicht während der Flüchtlingswelle der Jahre 2015 und 2016 – kamen in so kurzer Zeit so viele schulpflichtige Kinder und Jugendliche nach Hessen, und noch nie befanden sich so viele Schülerinnen und Schüler in Intensivmaßnahmen zum Deutschlernen. Mit seinem schulischen Gesamtsprachförderkonzept verfügt Hessen über Strukturen und Angebote, die sich bereits in vorherigen Krisenzeiten bewährt haben. Alleine seit Beginn des Krieges in der Ukraine wurden in kurzer Zeit 700 zusätzliche Intensivklassen eingerichtet. Im neuen Schuljahr kommen noch einmal rund 140 hinzu. Damit gibt es insgesamt 1.753 Intensivklassen über alle Schulformen hinweg. Rund 200 neueingestellte ukrainische Lehrkräfte erleichtern den Kindern und Jugendlichen den Einstieg in das hessische Schulsystem und halten mit der freiwilligen Sprach- und Kulturvermittlung in ukrainischer Sprache (rund 170) die Verbindung zum Unterricht des Heimatlands. Die Qualität des gesamten Fördersystems zeigt sich auch daran, dass Hessen bundesweit einen der geringsten Anteile ausländischer Schulabgänger ohne Abschluss aufweist (9,6 Prozent, Ländermittel 14,6 Prozent).
Förderprogramm „Löwenstark – der BildungsKICK“ geht in das zweite Jahr
Um Schülerinnen und Schüler beim Aufholen verpassten Lernstoffs zu unterstützen, hat Hessen im vergangenen Jahr das 150 Millionen Euro starke Förderprogramm „Löwenstark – Der BildungsKICK“ auf den Weg gebracht und geht nun in das zweite Jahr. Es besteht unter anderem aus Förderkursen, einer individuellen Lernbegleitung im Unterricht, Hausaufgabenbetreuung, Online-Nachhilfe, Lerncamps, Angeboten der kulturellen Bildung, Bewegungsangeboten sowie sozialpädagogischer und psychologischer Unterstützung. Das Angebot wird nun um weitere Maßnahmen und Kooperationen erweitert. So werden zum Beispiel Schwimmgutscheine an Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 5 bis 7 verteilt, um sie beim sicheren Schwimmen zu fördern.
Das Land stellt den Schulen mit Löwenstark ein gesondertes Budget zur Verfügung, das speziell für Aufholmaßnahmen verausgabt werden kann. Zusätzlich können die Schulen an zentral gesteuerten Maßnahmen teilnehmen. 90 Prozent der in einer Umfrage befragten Schulleitungen haben zuletzt angegeben, dass die Aufstockung des Schulbudgets sinnvoll ist, und 85 Prozent finden, dass durch Löwenstark insbesondere Schülerinnen und Schüler mit hohem Nachholbedarf gezielt gefördert werden können.
Digitale Schule Hessen – neue Beratungsstelle, neues Schulfach und neues Videokonferenzsystem
Um den Gefahren von Hasskommentaren, Falschmeldungen und Mobbing in den sozialen Medien zu begegnen, steht Schülerinnen und Schülern, Eltern und Lehrkräften mit Beginn des neuen Schuljahrs die neu eingerichtete „Beratungsstelle Jugend und Medien Hessen“ zur Verfügung. Sie bündelt die bestehenden Angebote und bietet Beratung bei Fragen zu Jugendmedienschutz und Medienpädagogik.
Zudem startet das Land in diesem Schuljahr mit dem Pilotprojekt „Digitale Welt“ die Erprobung eines neuen Unterrichtsfachs. Die Schülerinnen und Schüler lernen, wie digitale Technologien zur Lösung sozialer, ökonomischer und ökologischer Problemstellungen beitragen können. An dem Pilot-Schulfach nehmen zunächst 70 Klassen an zwölf Schulen der Jahrgangsstufe 5 teil.
Nachdem kürzlich das EU-Ausschreibungsverfahren für ein landesweites Videokonferenzsystem erfolgreich abgeschlossen worden ist, stellt der ausgewählte Anbieter auf Basis hochmoderner und leistungsfähiger Serverzentren mit BigBlueButton ein datenschutzkonformes System zur Verfügung. Dieses können Schulen schrittweise ab Ende September über das „Schulportal Hessen“ verwenden.
Seit dem vergangenen Jahr besucht der „DigitalTruck“ der Landesregierung Grundschulen in ganz Hessen, um bei Kindern die Neugier auf die Möglichkeiten der Digitalisierung sowie auf Zukunftsthemen wie Robotik zu wecken. Wegen der großen Nachfrage soll das Angebot auch in diesem Schuljahr weiteren Schulen zur Verfügung stehen.
Schulen profitieren von Maßnahmenpaket zur Deutschförderung
Das Erlernen der deutschen Sprache ist der entscheidende Schlüssel zu schulischem Erfolg und gesellschaftlicher Teilhabe. Deshalb nimmt die Stärkung bildungssprachlicher Kompetenzen eine zentrale Rolle im Koalitionsvertrag der Landesregierung ein. Um Schülerinnen und Schüler mit und ohne Migrationsgeschichte noch besser beim Deutschlernen zu unterstützen, hat Hessen im vergangenen Schuljahr ein umfangreiches Maßnahmenpaket eingeführt, dessen Bestandteile nun verpflichtend werden. Es umfasst unter anderem:
- Vorlaufkurse für alle Kinder im Vorschulalter mit Schwierigkeiten in Deutsch
- eine zusätzliche Deutschstunde in der 3. und 4. Jahrgangsstufe zur Übung und Vertiefung als Vorbereitung für den Wechsel auf die weiterführende Schule
- einen Grundwortschatz, den jedes Kind am Ende der Grundschule kennen muss
- die Festlegung einer verbundenen Handschrift und das Verbot der Methode „Schreiben nach Gehör“
- die Korrektur von Rechtschreibfehlern vom 2. Halbjahr der 1. Jahrgangsstufe an
- eine verstärkte Leseförderung durch eine Mindestanzahl zu lesender Lektüren in der Sekundarstufe I
Ganztagsausbau schreitet kontinuierlich voran
Statt einer verpflichtenden Ganztagsschule für alle setzt das Land weiterhin auf eine Vielfalt freiwilliger Ganztagsangebote. Dadurch kommt Hessen dem Wunsch vieler Eltern nach einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf immer stärker nach und ist schon jetzt auf einem guten Weg, den vom Jahr 2026 an geltenden Rechtsanspruch auf einen ganztägigen Betreuungsplatz für Grundschulkinder erfüllen zu können.
Mehr als 90 Prozent aller weiterführenden Schulen und über 70 Prozent aller Grundschulen in Hessen verfügen mittlerweile über ein Ganztagsprogramm mit verlässlichen Bildungs- und Betreuungsangeboten. In diesem Schuljahr starten elf Schulen in eines der Landesprofile 1, 2 oder 3, und mehr als 180 bauen ihre bestehenden Angebote zum Teil deutlich aus. In den „Pakt für den Nachmittag“, das gemeinsame Ganztagsprogramm von Land und Schulträgern an Grundschulen, werden zum neuen Schuljahr 46 weitere Schulen aufgenommen – damit sind es insgesamt 395. Um den kontinuierlichen Ausbau dieser Angebote sicherzustellen, stehen für den Ganztag 4.330 Lehrerstellen und damit 350 mehr als im Vorjahr zur Verfügung.
Weitere Themen im neuen Schuljahr:
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Neue Initiative zur beruflichen Orientierung gestartet
Um Schülerinnen und Schüler dafür zu sensibilisieren, dass digitale Anwendungen die Voraussetzung für wichtige Lösungen der Zukunft sind, hat das Kultusministerium mit „Deine Zukunft #REAL:DIGITAL“ ein mobiles Informations- und Mitmachangebot zur beruflichen Orientierung an Schulen gestartet. In Workshops wenden Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 8 bis 12 digitale Werkzeuge und Schlüsseltechnologien an und erfahren an interaktiven Stationen beispielsweise mehr über die Robotik.
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Förderung für abschlussgefährdete Schülerinnen und Schüler wird intensiviert
Schon vor Corona hat Hessen mit einem Programm die Unterstützung abschlussgefährdeter Schülerinnen und Schüler in Angriff genommen, das unter dem Namen „PUSCH – Praxis und Schule“ weiter aufgewertet wird. PUSCH bietet abschlussgefährdeten Schülerinnen und Schülern die Chance, den (qualifizierenden) Hauptschulabschluss zu erreichen. Sie lernen dazu an drei Tagen in der Schule und an zwei Tagen im Betrieb beziehungsweise in der Berufsschule. Rund 73 Millionen Euro stehen insgesamt über den siebenjährigen Förderzeitraum dafür zur Verfügung. Mit Maßnahmen wie diesen erreicht Hessen schon seit Jahren die niedrigste Schulabbrecherquote in Deutschland.
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Erweiterung der Angebote für schulpsychologische Beratung
Im vergangenen Schuljahr hat das Land Schülerinnen und Schülern in Abschlussklassen erstmals schulpsychologische Videosprechstunden angeboten, in denen sie über Stress beim Lernen oder ihre Prüfungsangst reden können. Aufgrund der positiven Rückmeldungen ist geplant, die digitalen Sprechstunden auch in diesem Schuljahr wieder durchzuführen. Um für Schülerinnen, Schüler und Eltern die Hürde der Kontaktaufnahme zur allgemeinen schulpsychologischen Beratung zu senken, ist die Anmeldung hierzu außerdem bald online möglich. Mit 120 schulpsychologischen Stellen stehen in Hessen so viele wie nie zur Verfügung.
Kultus
Hessisches Kultusministerium
Michael Ashelm
Pressesprecher
HKM